TIERE TÖTEN – TIERE SCHLACHTEN – eine jüdische Perspektive

Killing ANIMALS – SLAUGHTERING ANIMALS – A Jewish Perspective

A contribution to the dialogue concerning Jewish Slaughtering (SHEHITA)

Es ist überraschend zu erkennen, daß eine Kultur, die bereits seit tausenden von Jahren den Schutz von Tieren fordert und Schlachtmethoden entwickelt hat, die Willkür und Gewalt an Tieren verhindern sollen, gerade wegen ihrer sachlichen und geregelten Schlachtmethode seit Jahrhunderten in der Kritik steht und zum Ziel negativer Projektionen wird.
Die Kontroversen um das jüdische Schlachten verweisen auf ein nicht
nur ästhetisches Problem: Im Unterschied zu der heute verbreiteten
Haltung, den Tod und die damit verbundenen Bereiche auszublenden,
bekennt sich die jüdische Tradition dazu, das Vergießen des Blutes, das Bestandteil jeden Sterbens ist, wahrzunehmen und zu diskutieren,  mit dem Ziel, den Schlachtvorgang schnell und so schonend wie möglich zu gestalten und Verfahrensweisen wie wiederholtes Zustechen, Erschlagen und jedwede Tierquälereien zu verbieten. Dessen ungeachtet ist das jüdische Schlachtverfahren (Schechita) in der Geschichte immer wieder zum Inbegriff der Tierquälerei geworden und diente dazu, die jüdische Minderheit auszugrenzen und anzufeinden.
Dabei  ermöglicht die ganzheitliche Wahrnehmung und Miteinbeziehung aller körperlichen Aspekte, die durch das Schlachten des Tieres ausgelöst werden und zeigen wie das Tier ausblutet und vom Leben in den Tod übergeht. Die Belastungen anzuerkennen haben das Ziel, sie durch Regeln, Vorschriften und Verbote so weit wie möglich einzugrenzen und zu mindern.

Die minutiöse Beschreibung, Offenlegung und Festlegung der mit dem Schlachtvorgang einhergehenden Vorgänge unterscheidet sich fundamental von den Schlachtmethoden anderer Kulturen und Völker, die oft von individueller Willkür  und Zufälligkeit geprägt waren und Aspekte wie die Beschaffenheit der Schlachtinstrumente und Durchführungsweisen des Kehlschnitts  nicht thematisierten und dadurch nicht nur Gewalt dem Tier gegenüber förderten, sondern zudem ungeregelten Praktiken und Grausamkeiten duldeten.

Vermeidungsstrategien sind seit langem Bestandteil des Umgangs und der emotionalen Verarbeitung der Erfahrung des  Tötens, Schlachtens und Sterbens. Da sie meist im Gegensatz zu den wirklichen Erfahrungen stehen, besteht die Neigung, Tod und Sterben entweder zu verleugnen, zu meiden oder zu bagatellisieren und mit Vorstellungen der Ruhe, der Friedlichkeit, der Heimkehr zu verbinden. All dies unterstützt die Hoffnung, der Tod sei eine Art harmonisches Hinübergleiten in eine andere Welt. Es soll der Anschein erweckt werden, Sterben sei ein friedlicher Vorgang, der ohne heftige körperliche und seelische Reaktionen vom Leben in den Tod führt.

Dieses beschönigenden Vorstellungen beziehen sich auch auf das Schlachten. Die Erwartung eines friedlichen, durch den Kehlschnitt erleichterten Sterbens,  entspricht jedoch meist nicht der Realität, sondern der Abwehr der Angst vor den gewaltsamen, in jeder Hinsicht blutigen Geschehnissen, die zur Realität des Schlachtens nicht nur  von Großtieren gehören. Der Wunsch des friedlichen Sterbens geht Hand in Hand mit der Abwehr von Gewaltvorstellungen und Quälereien, vor denen Menschen so lange wie möglich die Augen verschließen. Wunschvorstellungen des friedlichen Sterbens beziehen sich auf Menschen ebenso wie auf Tiere und zeigen, wie massiv die Ängste vor der eigenen Sterblichkeit sind und wie leicht sie –  auch wenn es sich um Tiere handelt – im Menschen ausgelöst werden können.

Abwehrmechanismen und Verdrängungsstrategien, die im Umfeld des Sterbens von Menschen ebenso wie von Tieren auftauchen, erleichtern es, den oft langen, von Gewalt, Panik und Schmerzen geprägten  Prozeß des Sterbens zu  bagatellisieren, damit er dem Ideal eines „schmerzlosen Sterbens nach einem ebenso schmerzlosen Schlachten“ entspricht.
Das Ausbluten wird als anstößig erfahren. Es löst Abwehr aus, die sich von der Ablehnung des Blutvergießens zur Ablehnung der Schlachtmethode (die bis heute jedes Schlachten kennzeichnet, egal von welcher Kultur oder Religionsgemeinschaft ausgeführt!). Daß von all den Ängsten am Ende meist allein  der Mißmut den „Fremden“, „Unzugehörigen“    gegenüber übrig bleibt, und diesen „Fremden“ somit die  Rolle zugewiesen wird, als einzige die Bürde all der – auch andernorts erfahrbaren Mißstände und Ungeheuerlichkeiten zu repräsentieren, hat meist eher mit den Abgründen und Unberechenbarkeiten der Gefühlswelt der Menschen als mit der Realität zu tun.Und so werden Bühnen und Kanzeln genutzt, um einfache Lösungen zu präsentieren und die Feinde des Wahren und Guten ein für allemal und für immerdar auszuweisen. Was nicht gelöst werden kann, läßt sich nur mit großer Geste und vor aller Augen wegschaffen. Bühne frei für die Unberechenbarkeiten …  von Jahrhundert zu Jahrhundert!

Wie wankelmütig die Gefühle des Menschen! Mißstände lassen sich an vielen Orten finden, sie  – in konzentrierter Weise – mit jenen  in Verbindung zu bringen, die sich ohnehin wenig  Sympathien erfreuen, ist eine gerissene Taktik, von anderen Mißständen abzulenken. Probleme lassen sich ebenso (er)finden wie sie sich ausbreiten und stellvertretend entsorgen lassen…

Die  Belastungen durch das Shehita-Procedere im Umfeld der Schlachtstraßen werden ausführlich auf der Webseite TierimJudentum.de dargestellt.

Hier der Link: http://tierimjudentum.de/?page_id=122